Kategorie: Käse

Hofkäse auf Hiddensee

Das Rote Haus Hiddensee

Hiddensee im Hochsommer, ist das der richtige Ort, um Hofkäse aus der Region zu verkosten? – Ja, warum nicht?

Touristen in Mecklenburg-Vorpommern freuen sich gemeinhin, wenn ihnen Erzeugnisse aus der Region angeboten werden. Doch in den Restaurants und Hotels in den Urlaubsgebieten des Bundeslandes sind sie leider viel zu selten auf dem Teller oder im Regal zu finden.

Am 28. und 29. Juli 2019 haben wir (Büro für kulinarische Maßnahmen) jeweils spätnachmittags eine „Käsereise durch Vorpommern“ unternommen. Die Käse haben an den Tagen davor auf den verschiedenen Höfen im nördlichen Vorpommern eingekauft.

Eingeladen hatte Das Rote Haus Hiddensee, neuestes Projekt des Landwirts und Gastronomen Mathias Schilling – Unternehmer des Jahres 2018 in MV und über die Region hinaus weithin bekannt. Mathias Schilling betreibt auf der kleinen Boddeninsel Öhe Rinderzucht und hat gemeinsam mit handwerklich arbeitenden Fischern die Initiative Hiddenseer Kutterfisch ins Leben gerufen; die Fischkonserven der Hiddenseer sind inzwischen in Feinkostgeschäften von Hamburg bis München zu haben. Schilling ist bestrebt, Fleisch und Fisch in mehreren gastronomischen Betrieben, die er vor Ort aufgebaut hat, zu verarbeiten und so die Wertschöpfung in der Region zu halten. Ein schlüssiges Konzept.

Das Rote Haus in Vitte auf Hiddensee war erst gut 14 Tage zuvor nach gründlicher Renovierung eröffnet worden. Das Restaurant wird derzeit von einer bekannten Köchin und Kochbuchautoren aus Berlin geführt. Das Küchenteam bietet über Sommer einen Mittagstisch an, am Abend wird das Haus zur Bar. Hinzu kommen Dinner-Abende, Lesungen und Konzerte.

Passenderweise wurden an den den Tagen der Käse-Tastings als Mittagstisch hausgemachte Gnocchis in Salbeibutter mit dem Küstenländer Hofkäse vom Alter Pfarrhof Elmenhorst und eine Sauerampfer-Suppe mit Frischkäse vom Ziegenhof Sievertshagen angeboten.

Obschon nicht so geplant, wollte der Zufall es, dass in der Verkostungsrunde ausschließlich Hofkäse aus dem östlichen Landesteil Vorpommern versammelt waren. Südlich von Stralsund, von wo aus man mit der Fähre nach Hiddensee ablegt, ballen sich einige Käsereien, die dem Verband für handwerkliche Milchherstellung e.V. (VHM) angehören.

Mit dabei waren:

Aperitif
Kefir, DorfSchäferei Palmzin
Rohmilchbutter, Hof Zandershagen

Frischkäse
Skör, Käserei SOS-Dorfgemeinschaft Grimmen-Hohenwieden
Frischkäse Gartenkräuter / Ziegenhof Sievertshagen

Feta-Art
Balkankäse französisch, DorfSchäferei Palmzim
Kuhta natur, Hof Zandershagen

Weichkäse
Schafbert und Bluebert, DorfSchäferei Palmzin
Hohenwieder Weichkäse, Käserei SOS-Dorfgemeinschaft Grimmen-Hohenwieden

Schnitt- und Hartkäse
Schnittkäse Gouda-Art natur, Hof Zandershagen
Rotweinkäse, Alter Pfarrhof Elmenhorst
Hartkäse Küstenländer Hofkäse, Alter Pfarrhof Elmenhorst

Dazu wurden passende Biere der Insel-Brauerei auf Rügen gereicht. Einige Gäste hatte eine alkoholfreie Getränkebegleitung gewünscht, was u.a. mit alkoholfreiem Bier von der Insel-Brauerei, hausgemachtem Kräutertee und Hopfen-Holunder-Limonade durchaus gelang.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer – allesamt Urlaubsgäste – waren ziemlich überrascht, eine so große Vielfalt an Hofkäsen aus dem Nordosten vorzufinden. Wer hätte das gedacht! Auffällig war außerdem, dass viele grundlegende Fragen zur Käseherstellung und zur Käsekultur gestellt wurden. Offensichtlich ist selbst bei Käse-Interessierten der Klärungsbedarf und Wissensdurst groß.

Für den 22. August 2019 ist im Roten Haus auf Hiddensee ein weiteres Käse-Event geplant: ein Käse-Dinner mit mehreren Gängen, bei dem Speisen mit ausgewählten Hofkäsen aus MV auf den Tisch kommen. Bis dahin werden allabendlich an der Bar im Roten Haus zu Bier, Wein und Cocktails Käsehäppchen aus Vorpommern gereicht.

Informationen und Anmeldung:
Das Rote Haus Hiddensee

Beteiligte Käsereien:
DorfSchäferei Palmzin
Hof Zandershagen
SOS Dorfgemeinschaft Grimmen-Hohenwieden
Ziegenhof Sievertshagen
Alter Pfarrhof Elmenhorst

Das Rote Haus Hiddensee

Das Rote Haus Hiddensee

Das Rote Haus Hiddensee

Skör, eine nordische Spezialität aus Vorpommern

Kühe auf Weide

„Herzlich willkommen im Dorf!“ Sebastian Harenberg nimmt uns freudestrahlend in Empfang. Das „Dorf“ heißt Hohenwieden und befindet sich bei Grimmen im nordöstlichen Hinterland Mecklenburg-Vorpommerns, wo das Land flach und der Himmel hoch ist. Vom Kleinstadtbahnhof sind es gut 10 Minuten mit dem Rad. Einige Kilometer weiter hat ein alter Bekannter seine Zelte aufgeschlagen, der Gärtner und Fermentationsexperte Olaf Schnelle mit seiner Manufaktur Schnelles Grünzeug.

In der SOS-Dorfgemeinschaft Grimmen-Hohenwieden leben und arbeiten Menschen mit Denk- und Lernbeeinträchtigungen zusammen. Werkstätten und Wohnhäuser sind modern, freundlich, mit viel Holz gebaut, nordischer Stil. Es gibt eine Schreinerei und eine Weberei, die schöne, wertige Produkte im Auftrag namhafter Kunden herstellen. Auf eigenen Flächen und in Gewächshäusern werden Gemüse, Salate und Kräuter gezogen, Obst kommt von Streuobstwiesen. Und es gibt die Milchviehwirtschaft mit einer kleinen Käserei. Deswegen sind wir hier.

Derzeit werden 17 Kühe im Dorf gehalten. Gerade ist der neue, großzügige, offene Laufstall fertiggeworden, dann sollen drei weitere Tiere dazukommen. Der landwirtschaftliche Betrieb arbeitet nach den Demeter-Richtlinien. Die Kühe sind deshalb meist draußen auf den nahen Weiden und dürfen ihre Hörner behalten. Auch das Futter wird auf den eigenen Flächen gewonnen, die sich rund um das Dorf befinden.

Karin Rösicke und Ellen Teetzen vom Käserei-Team erwarten uns schon zu einer Verkostung. Der Betrieb produziert Frisch-, Weich- und Schnittkäse, aber nur selten Hartkäse – typisch für Hofkäsereien im Nordosten. Denn die Käsereifung benötigt intensive Pflege, geeignete Reiferäume und bindet Kapital, bis die Produkte nach vielen Monaten oder Jahren in den Verkauf gelangen.

Der Hohenwiedener Weichkäse ist nach Camembert-Art aus pasteurisierter Milch gemacht und fällt je nach Frische bzw. Reife von quarkig-mild bis cremig-würzig aus.

Im Jahr 2017 sind auch Natur- und Fruchtjoghurts hinzugekommen, die von den Kundinnen und Kunden außerordentlich geschätzt werden. Sie sind cremig, ausgewogen säuerlich, und auf dem Naturjoghurt sitzt eine schöne Rahmschicht, was für die Qualität spricht.

Eine ganz besondere Überraschung war für uns der handgeschöpfte Skör, ein typisch nordisches Molkereiprodukt, eine Art rahmig-säuerlicher Quark. Ursprünglich kommt Skyr aus Island, aber auch die Schweden haben ihren Skör, ebenso wie die Dänen (Skør). Der Skör, die Hohenwieder verstehen ihn als einen Frischkäse, ist größtenteils bröckelig, aber zugleich auch weich und sahnig, bietet eine ausgeprägte Säuerlichkeit und ist im Abgang trocken wie Magerquark. Unvergleichlich!

Nun könnte man vermuten, dass der Hohenwiedener Skör auf die „Schwedenzeit“ zurückgeht, die im Nordosten heute noch vielfach hervorlugt. Weite Teile Pommerns gehörten nach dem Dreißigjährigen Krieg fast 200 Jahre zu Schweden (und es war nicht die schlechteste Zeit für das Land). Doch viel zu weit gegriffen, der Skör wurde von einem früheren Leiter der Käserei eingeführt, einem Schweden-Liebhaber. Dennoch, eine nordische Spezialität aus Vorpommern – das passt!

Die SOS-Dorfgemeinschaft Grimmen-Hohenwieden betreibt übrigens ein schönes Café mit Hofladen, der neben Bio-Produkten anderer Hersteller auch die eigenen Erzeugnisse anbietet, darunter Käse, frisches Gemüse und Obst. Café und Hofladen sind Mittwoch bis Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Die Käse aus Hohenwieden sind in vielen Bioläden in der Region erhältlich – wenn nicht, einfach mal danach fragen!

SOS-Dorfgemeinschaft Grimmen-Hohenwieden
Hohenwieden 17, 18507 Grimmen
 

Skör Frischkäse im Becher